News

Lektionen des Verborgenen

Verborgenes, Verschwiegenes, Vergessenes

Verborgenes, Verschwiegenes, Vergessenes und Unbekanntes sind ebenso Teile unserer greif- oder abrufbaren Vergangenheit. Zugang zu solchen Lücken und bisher unbekannten Infos finden, kann plötzlich wichtig werden, weil offenbar wird, dass etwas fehlt. Dieses Fehlen, welches uns zum Teil über Jahrzehnte nicht bewusst, verdrängt war, bekommt auf einmal Priorität. Es ist wie eine nie beachtete Türe, vor der wie stehen, die aber noch zugesperrt ist. Was verbirgt sich dahinter? Ein Rätsel, das wir für uns selbst lösen!

Wer als Kind fremdplatziert wurde, leidet an zahlreichen Informationsdefiziten. Er ist abgeschnitten von den Eltern, Grosseltern, Onkeln, Tanten und den Geschwistern. Auch Cousins und Kusinen sind ausgesperrt. Anstelle der Verwandtschaft in „normalen“ Familien klafft eine Lücke. Dieser Mangel wurde durch nichts ausgefüllt oder aufgefangen. Neben einer schmerzhaften Isolation bestimmten meist Scham, Schuld, Tabus, Strafe und Erniedrigung den Alltag. Im Sippengeschehen scheucht auch hier ein Störenfried Gegner auf, die keinesfalls wollen, dass Licht in das Verborgene kommt.

Hintergrund:
Als Einzelperson sind uns gewisse Dinge unangenehm. Wenn uns ein bestimmtes Geschehen schlichtweg überfordert, neigen wir dazu, es auszusperren. Geistig und seelisch sind wir immer irgendwie mit unserer Gegenwarts- und Herkunftsfamilie verbunden. Für uns unangenehme Vorfälle aus der Vergangenheit motten unbewusst weiter, harren einer Lösung. Gab es einen Gewaltakt wie Totschlag, irgendwelche Übergriffe oder Betrug, welche den Nachkommen unterschlagen wurden? Wurde jemand ausgegrenzt? Solche Ereignisse haben manchmal mehr oder weniger schwerwiegende Folgen, bis eben jemand erkennt, da stimmt was nicht.

Und hier beginnt die Suche. Oft ein dornenvoller Weg, weil es stets Gegenspieler gibt, welche keinesfalls wollen, dass das Verschwiegene ans Licht kommt. Oder das ursprüngliche Geschehen ist so verschüttet und abgeschottet, dass es extrem schwierig wird, durch dieses Dunkel und Dickicht voranzukommen. Aber die Verantwortung bleibt so lange bestehen, bis die Fakten geklärt sind. Auf dem Weg dahin, gibt es Widerstände, Unklarheiten, Vages, Fehlinfos, blosse Vermutungen, Täuschungen. Dies als unliebsame Überraschungen eines langen Prozesses, welche man kaum vermeiden kann. Zur Verpflichtung gehört auch die Beharrlichkeit, das alles auszuräumen, was sich einem in den Weg stellt. Es sind aber Lektionen, die uns weiterbringen. Denn das Verborgene hat ja auch eine gewisse Faszination, weil wir dadurch gefordert sind. Mit dem zunehmendem Erkennen wächst die Bereitschaft, weiter zu forschen.

Klar gibt es Momente, wo wir wütend werden, wenn wir erkennen, was uns alles lange vorenthalten wurde. Diese Wut ist eine gute Energiequelle, weil sie uns Kraft gibt, uns durchzusetzen. Und man mit uns keine üblen Spielchen mehr machen kann. Wir wagen auch etwas zu fordern, statt uns bloss abspeisen zu lassen. Nur zu gern halten Viele an der Illusion fest, Alles sei bestens und mit der praktizierten Vermeidungsstrategie sei man ja bisher gut gefahren. Diesen Schein gilt es auszuräumen, damit dürfen die Tatsachen endlich Frieden entsteht.

Text: Walter Zwahlen